Sylt Wanderurlaub 2019
On 11. Februar 2019 by JasminZu meinem 35. Geburtstag war es endlich wieder soweit: ich reiste an das deutsche Wattenmeer. Vor 2 Jahren war ich schon mal mit meiner Schwester hier zum Wandern und die winterliche Dünenlandschaft hat mich so fasziniert dass ich unbedingt nochmal hierher musste.
Die Hinfahrt mit dem Zug aus Tirol ist sehr lang, aber denkbar einfach: zuerst nach München, von da in den ICE nach Hamburg-Altona, dann noch die Direktverbindung nach Westerland auf Sylt. Aber das sind über 12 Stunden Fahrt, muss man auch erstmal heben ?. Für mich jetzt nicht wirklich ein Problem, solange ich einen Sitzplatz habe am Fenster und meinen Tolino bin ich glücklich.
Ich kam um 18:30 Uhr im Dunkeln an und schob meinen 20 kg-Koffer (ok, vielleicht etwas übertrieben beim Packen, aber mei ?) noch eine halbe Stunde übers Pflaster bis ich meine kleine FeWo in Besitz nehmen konnte. Bis auf das nötigste auspacken, duschen und noch eine Kleinigkeit essen war nichts mehr möglich, auch nur rumsitzen kann anstrengend sein.
03.02.2019 – Rantumer Becken
Noch im Dunkeln um ca. 6 Uhr ging es direkt von der Ferienwohnung aus los. Anstatt Katzen kann man übrigens viele wilde Kaninchen auf Sylt beobachten, wie sie über die Straßen hoppeln, hat mich zuerst im Schein der Stirnlampe etwas geschockt ?. Bis dann die ersten Farbtöne den Himmel zierten war ich auch schon am Rand des Rantumer Beckens, das ist ein großer Brackwassersee mit sehr vielen Vogelarten und auch ein Naturschutzgebiet.
Auf dem Damm konnte ich dann während des Sonnenaufgangs neben Gänsen, Enten und Schwänen sogar auch einen Seeadler beobachten, der über den See segelte. Auf der Meerseite war glücklicherweise Ebbe, was zu besonders schönen Spiegelungen in den kleinen zurückgebliebenen Teichen führte.
Angekommen in Rantum querte ich die Landstraße und konnte kurze Zeit später das erste Mal die Nordsee am Sandstrand beobachten. Gehört habe ich sie schon die ganze Zeit, der starke Wind führte zu einer lauten Brandung die mich sehr an das beständige Rauschen der Inntalautobahn daheim in Tirol erinnerte ?.
Danach trat ich den Rückweg nach Westerland an, so oft wie möglich durch die schmale aber sehr schöne Dünenlandschaft zwischen Wattenmeer und Nordseestrand. Ich hatte die Strecke und besonders die Anstrengung im Sand zu laufen etwas unterschätzt sodass ich mir auf 3/4 des Weges extremst über eine passende Bushaltestelle gefreut hätte. Die plötzlich strahlende Sonne machte mir das Leben nicht leichter, da es nun auch noch recht warm wurde und ich mit meiner Winterausrüstung eine hautnahe Sauna produzierte.
Am frühen Nachmittag war ich dann nach 7 Stunden zurück in der Wohnung und meine Füße waren mehr als froh als ich sie endlich ihrer Last erleichtern konnte.
Gesamtschritte: 32.800
04.02.2019 – Geburtstag
Zu meinem Geburtstag ging es bei beginnendem Sturm und eintretender Dämmerung zu aller erst an den nächstgelegenen Strand, in diesem Falle die 3 Kilometer entfernte Strandpromenade von Westerland. Da ich heute meine Vorräte aufstocken musste war eine Tageswanderung nicht möglich.
Am Strand war es wunderbar stürmisch und es ging ein leichter Nieselregen. Der Wind war so stark dass es den Sand über den Boden zog und aufgeschlagener Schaum von den Wellen um die Beine spülte.
Nur wenige Menschen trauten sich ans Meer und die wenigen die sich mit mir zum Wasser trauten traten nach nur wenigen Momenten meistens den Rückzug an. Nach einem langen, ungeplantem Morgenspaziergang am Strand ging es zum Einkaufen in die Stadt und dann Mittags zurück zur Wohnung um mein Mittagessen vorzubereiten.
Mittags besuchte ich dann das Sylter Auqarium, wo ich als Geburtstagskind nur die Hälfte des Eintrittspreis zahlen musste. Leider war das Aquarium nicht sehr faszinierend, recht veraltet, laut und etwas lieblos dahingeklatscht. Also ging es danach nochmal an den Strand für einen zweiten langen Spaziergang bei Wind und Wetter.
Gesamtschritte: 25.300
05.02.2019 – Ellenbogen bei List
An diesem Tag war dann meine größte Tour geplant: Die Nordspitze von Sylt umwandern!
Um halb 6 ging es aus dem Haus damit ich den Bus nach List um 6 rechtzeitig erreichen konnte. Knapp vor 7 war ich dann am der Kurverwaltung von List, von wo man auch am schnellsten in die Dünenlandschaft wandern kann. Es war noch stockdunkel und ich verirrte mich sogar mit Stirnlampe erstmal auf dem Friedhof weil ich eine Höhenlinie auf dem GPS als Wanderweg interpretierte ?.
Endlich am richtigen Weg angekommen ging es dann in wunderbarer Einsamkeit mit schneidendem Wind durch die grasbedeckten Hügel. Ein paar Schafe streiften meinen Weg und rechtzeitig zum Sonnenaufgang war ich am Ellenbogenberg für eine erste Pause. (By-the-way, wunderbare Verpflegung für Wanderungen: Nudeln mit angebratenem Ingwer, Pfeffer und Salz!)
Weiter ging es nach der Pause auf der Mautstraße Richtung Ellenbogenspitze, vorbei an den Lister Leuchttürmen Ost und West. Bei jeder Abzweigung zum Meer stapfte ich durch den Sand zum Meer, da gerade diese Querwege oftmals die besten Fotomotive produzierten. So konnte ich auch meinen beliebtesten Strandabschnitt für mich entdecken: kurz nach dem Lister Leuchtturm West!
Nachdem ich die ewig langgestreckte (und etwas langweilige) Mautstraße kurz vor der nördlichen Spitze verließ führte mich mein Weg wieder an die Nordseeseite der Insel. Ich hatte mich entschieden nicht bis ganz zum Ende der Straße zu wandern weil 1.) ich schon echt müde war und meine Füße brannten, 2.) man am Horizont des Meeres schon die nächste Insel sehen konnte (Römö, Dänemark) und ich das eher abstoßend fand ?.
Am Strand zog ich meine (Barfuß-)Schuhe aus und entspannte meine Füße indem ich mit meinen wasserdichten Socken weiterging. Bei meinem neuen Lieblingsstrandabschnitt machte ich dann meine Mittagspause und musste beim zusammenpacken meiner Sitzunterlage hinter hechten weil diese durch den Wind einen extrem schnellen Abgang hinlegte.
Bei der Weststrandhalle ging es dann zurück auf die Straße und ich wanderte die nächste langgezogene Landstraße durch das Naturschutzgebiet Nord-Sylt. Bis ich endlich die nächste Bushaltestelle erreichte war ich dann mehr als erledigt, ich hätte keine 10 Schritte mehr gehen können. (Andererseits, zurück in Westerland musste ich dann trotzdem noch die 2 Kilometer zusätzlich zur FeWo latschen, das habe ich dann auch noch irgendwie hinbekommen.)
Daheim stellte sich auch heraus dass das Brennen eines Zehes tatsächlich einen triftigen Grund hatte: eine riesige Blase! ?? Da war das dann auch ok dass mein Körper aua schrie. Nach einer heißen Dusche parkte ich mich dann im Sessel mit Wärmflasche, Schmerztabletten und Einreibecremes für die Füße und Waden.
Gesamtschritte: 41.700
06.02.2019 – Erholung
An diesem Tag war (eigentlich) Erholung von gestern angesagt. Aber da ich kaum so lange still sitzen kann, besonders wenn ich im Wanderurlaub bin, ging es mit dem Bus in die Innenstadt und von da nochmal an den Strand. Der Sturm nahm von Tag zu Tag zu und so humpelte ich dort zufrieden auf und ab.
Gesamtschritte: 9.500
07.02.2019 – Südspitze bei Hörnum & Sonnenuntergang bei Wenningstedt
Da mein Körper mir wieder grünes Licht gab für weitere Abenteuer ging es diesmal an die Südspitze der Insel. Ausgehend vom Hafen Hörnum umwanderte ich bei Ebbe die Sandbank Hörnum Odde. Witzig auch zu beobachten auf der Wanderkarte: diese Sandbank ist großem Wandel durch die ständigen Meeresströme ausgesetzt, sodass die Grenzen sich ständig ändern.
Es war mehr als stürmisch und der leichte Nieselregen flog fast horizontal über den Sand. Unerklärlicherweise (??) war sonst niemand unterwegs sodass ich fast die gesamte Wanderung über vollkommen allein unterwegs war.
Ein vermuteter Stein entpuppte sich plötzlich als Robbe, die ich aus versehen aufschreckte (wirklich keine Absicht!!!). Ich blieb stockstill stehen bis die Robbe im Meer verschwunden war bevor ich meinen Weg fortsetze. Aber leider musste ich nach knappen zwei Stunden die Wanderung abbrechen, weil ich klitsche nass war und meine Kleidung ihre wind-abweisenden Fähigkeiten verloren. Im Bus zurück traute ich mich auch nicht hinzusetzen sondern tropfte nur müde neben der Heizung.
Richtung Abend brannte es mir jedoch nochmal unter den Nägeln und die Kleidung war glücklicherweise schon trocken genug dass ich mich wieder hinaus trauen konnte. Also wieder zum Bahnhof, in einen Bus und an den Strand von Wenningstedt um dort einen sehr kurzen aber auch sehr schönen Sonnenuntergang zu beobachten.
Gesamtschritte: 20.500
08.02.2019 – Von Hörnum nach Rantum
An meinem letzten Wandertag führte ich die abgebrochene Tour von gestern weiter. Direkt ausgehend von dem letzten Bushaltestelle führte mich mein Weg diesmal mehr an die Wattenseite der Insel (also die Ostseite).
Vorbei am Gurtdeel ging es im Sand zum Wattenmeer-Strand (wieder bei Ebbe). Von da führte ein sehr schöner Weg entlang der Hörnumer Nehrung zurück zur Landstraße. Es folgte ein Abstecher zur Westseite der Insel um die volle Wucht des aufziehenden Orkans abzubekommen. Meine Wanderung führte dann auf der Inselbahntrasse durch das Naturschutzgebiet Ratumer Dünen und Baakdeel bis ich nach 14 Kilometern in Rantum ankam. Dort beendete ich meine Wanderung genau an der Stelle wo meine erste Wanderung am Sonntag ihren Höhepunkt erreicht hatte.
Zurück ging es dann wieder mit dem Bus nach Westerland und ich begann in meiner FeWo mit den Vorbereitungen für meine Abreise.
Gesamtschritte: 26.800
Alles in allem kann ich sagen dass es wieder mal genial war: ich liebe Sylt im Winter, das Wetter war mit dem ganzen Wind bis Orkanstärke genau mein Ding und es war mal wieder was ganz anderes zu meinen geliebten Bergen.
Leider hatte ich es (wieder) nicht geschafft alles von der Insel zu erwandern, aber das ist nur umso mehr ein Grund nochmal hierher zu kommen – das nächste Mal vielleicht sogar für zwei Wochen am Stück.
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Du hast wunderbar geschrieben, und mich in Gedanken mitgenommen, wie bei einem Roman, ganz toll 🙂
Die herrlichen Foto’s lassen einen auch ganz toll an Deinem Urlaub teilhaben 🙂
Ich freue mich das Du mich ein Stück auf Deinem Weg durch die Welt teilhaben lässt 🙂
Ich kenne jede Ecke von Sylt, die Du fotografiert und erwandert hast – macht Spass das zu lesen und sich zu erinnern. Sylt ist so vielfältig und tatsächlich am schönsten in den Monaten November bis März – finde ich auch. Keine Menschenmassen und man kann die Hunde laufen lassen ohne sich Sorgen zu machen, dass es irgendwen stören könnte.
Liebe Jasmin, wahrscheinlich erinnerst Du Dich nicht, aber wir haben uns vor ca. 33 Jahren mal kennengelernt, als ich mit Deinem Onkel Harald in Wendlingen bei Euch zu Besuch war.
Alles was Du hier so schreibst, erinnert mich an Harald. Der konnte auch wochenlang allein in der Natur – am liebsten in den einsamsten Gegenden – Zeit verbringen. Während eines Urlaubs auf Island fand er auch da die einsamste Ecke und ich war echt froh, wieder in die Nähe der Zivilisation zu kommen 😉